Berufsschule 5 Augsburg

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Home Mobilitäten Programm für lebenslanges Lernen Schottland April 2010 Staff training abroad Mit "Leonardo" nach Inverness - Projekt für Ausbilder

Mit "Leonardo" nach Inverness - Projekt für Ausbilder

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Zum Erfahrungsaustausch in Augsburgs schottische Partnerstadt
... und eine etwas andere Rückreise

Die Europäische Union bietet im Rahmen der Leonardo-da-Vinci-Projekte Austauschprogramme für Leute, die in der Berufsausbildung tätig sind. Dieses Angebot machten sich die Stadt Augsburg und der Landkreis Augsburg zunutze, um unter dem Projekttitel „Gaining insights into administrative procedures in a Scottish Council and of Vocational Training“ Einblick in die Arbeit der Schotten zu gewinnen. Zu diesem Zweck fuhren Alexander Mair (Personalamt Stadt Augsburg), Thomas Huber (Landkreis Augsburg) und Heinz Miesauer (Berufsschule 5) im April 2010 zum Erfahrungsaustausch nach Schottland. Der Aufenthalt diente auch der Vorbereitung einer „Schülermobilität“. Im Rahmen dieses Leonardo-Programmes sollen im Jahr 2011 auch 21 Auszubildende aus der Kommunalverwaltung Gelegenheit erhalten, Arbeitserfahrungen im Ausland zu sammeln. Träger und Organisator des Projektes ist die Berufsschule 5.

Gedenkfeier in Culloden zur letzten großen Schlacht gegen die Engländer am 16. April 1746

In der Woche vom 11. –17.04.2010 ging es für die drei Beteiligten im Grunde um die Fragen, wie arbeitet der öffentliche Dienst in Schottland, wie bildet er seinen Nachwuchs aus und wie erfolgt die Fort- und Weiterbildung. Die erste Überraschung, die man dabei erfuhr, war, dass man hier wirklich von Schottland sprechen muss und nicht von Großbritannien, denn wie im föderalen deutschen System genießen die Regionen ein gewisses Maß an Eigenständigkeit. In der Ausübung dieser föderalen Freiheiten sind die Unterschiede im Vergleich zu Deutschland aber dennoch enorm.


Im Hauptquartier des Highland Councils mit den Organisatorinnen des Programmes (v.l.n.r.) Cathy Christie, Elaine Barrie, Alexander Mair, Heinz Miesauer, Thomas Huber
So müsste Alexander Mair, der Ausbildungsleiter bei der Stadt Augsburg ist, sich völlig anders auf Nachwuchssuche begeben. Während in Deutschland die Ausbildung dual –also in Schule und Betrieb – stattfindet, muss der schottische Arbeitgeber seine Nachwuchskräfte selbst schulen, da diese von der Highschool oder vom College kommend nur wenig berufsspezifische Kenntnisse mitbringen und ihre (berufliche) Grundqualifizierung in einem rein schulischen System erworben haben.
Ebenso müsste Thomas Huber, der beim Landkreis Augsburg als Personalchef tätig ist, seine Tätigkeit völlig anders gestalten. Alles Wissen und Können, das die Mitarbeiter benötigen, um ihren Aufgabenbereich sicher bewältigen zu können, muss ihnen der Arbeitgeber vermitteln. Berufliche Fort- und Weiterbildung findet im Betrieb statt. So konnten alle drei Beteiligten auch eine Reihe von Fortbildungsveranstaltungen des Highland Councils besuchen und dort mitwirken.
Anders wäre auch die Lehrtätigkeit für Heinz Miesauer, der als Lehrer in der Berufsschule 5 arbeitet und dort schwerpunktmäßig Verwaltungsfachangestellte ausbildet. Während man in Deutschland auf praktische Erfahrungen zurückgreifen kann, die die Schüler am Ausbildungsplatz gesammelt haben, fehlt dies in Schottland komplett, da das College (noch) eine Vollzeitschule ist. Den schottischen Jugendlichen fehlt die Abwechslung zwischen Arbeit und Schule. Das sieht auch Robert Stradling so, der im Inverness College den Fachbereich Wirtschaft, Dienstleistung und Verwaltung leitet. Das College ist gerade dabei, neben den üblichen Praktikumsplätzen nun auch „richtige“ Ausbildungsplätze im Großraum Inverness in Zusammenarbeit mit den Betrieben zu schaffen. Bei den Köchen ist bereits der erste Durchlauf abgeschlossen. Die Resonanz war überwältigend, sowohl bei Unternehmen als auch bei den Jugendlichen. Aus Sicht von Robert Stradling ist das ein klares Signal, dass Deutschland mit seinem dualen Ausbildungssystem richtig liegt. Diese Überzeugung vertrat nicht nur Stradling, sondern auch viele andere schottische Gesprächspartner während dieser Woche äußerten sich in dieser Hinsicht.

Schafe kennt jeder; weniger bekannt sind die Galloway - die "besonderen" Rinder der Highlands

Weitere Unterschiede konnten die drei Vertreter aus dem Raum Augsburg in der Organisationsstruktur sehen. Während Augsburg als kreisfreie Stadt und der Landkreis Augsburg neben den eigenen auch übertragene Aufgaben wahrnehmen, muss die „City of Inverness“ sich dagegen mit einem kleineren Tätigkeitsfeld begnügen. Die tonangebende Behörde im Norden Schottlands ist der Highland Council. Vergleichbar ist er vielleicht am ehesten noch mit einem Mix aus Bezirk und Regierung von Schwaben. Die Highlands sind eine eher strukturschwache Region mit Randlage, deshalb ist der Highland Council auch der mit Abstand größte Arbeitgeber der Region. Er beschäftigt etwa 12.000 Mitarbeiter, der nächstgrößte Arbeitgeber bringt es gerade mal auf rund 1.000 Beschäftigte. Der Highland Council verwaltet eine Region, die so groß ist wie etwa Belgien. Auf dieser Fläche wohnen etwa 220.000 Menschen (aber einige Millionen Schafe!).

Verschieden ist auch der innere Aufbau der Verwaltung. Während etwa die Stadt Augsburg darauf setzt, spezialisierte „Service-Points“ anzubieten (etwa getrennt nach Führerscheinangelegenheiten, Kfz-Anmeldungen, soziale Leistungen, usw.), verfolgt man in den Highlands eher die Philosophie „alle Leistungen von einer Stelle“. So ist es etwa für die Mitarbeiter am Service-Point in Inverness nichts außergewöhnliches nach einem Wohnungsproblem mit Steuerangelegenheiten befasst zu sein. Für besonders schwierige Fälle gibt es deshalb sogenannte „conference rooms“, in die sich die Sachbearbeiter mit den Bürgern in schwierigen oder delikaten Fällen zurückziehen können. Jeder Bürger kann eine Behandlung seiner Angelegenheit im „conference room“ beanspruchen.

Ein genauso seltener Moment wie in Augsburg: das geöffnete Haupttor des Rathauses mit David Haas, City Manager of Inverness

Welche Aufgaben hat nun die Stadt Inverness? Das konnte jeder der drei Augsburger an einem anderen Tag erfahren. Denn jeder hatte Gelegenheit, einen Tag mit David Haas, dem „Citymanager of Inverness“ zu verbringen – und dabei auch den Bürgermeister (Titel in Inverness: Provost) Jimmy Gray kennenzulernen. Hier konnten in der Kürze der Zeit keine großen Unterschiede zu Augsburg festgestellt werden. Es ging um große, teure Angelegenheiten wie Straßenbau, Gebäuderenovierung und Budgetkürzungen – wie überall – in Zeiten wegbrechender Einnahmen. Es ging um Kleinigkeiten, wie den Kauf neuer Flaggen und Fahnen, es ging um Kultur, und auch um Großveranstaltungen wie ein Open-Air-Festival mit Rod Stewart und Status Quo.

Mit Duncan Chisholm vom Städtepartnerschafts-Komitee vor seinem Laden

Bei dem dichtgedrängten Programm war es schon sehr schwierig, noch einen Termin mit einem Vertreter vom „Town-twinning-Committee“ zu finden. Mittwoch Spät-Nachmittag/ Früher Abend war dann gerade noch Luft, um Duncan Chisholm (an seinem Geburtstag) zu treffen, einen Schotten durch und durch. Er verkauft in seinem Geschäft nicht nur Kilts, sondern er trägt sie auch tagtäglich. Außerdem erwies er sich auch als ausgesprochener Augsburg-Kenner, der schon sehr oft in der Fuggerstadt war und den man gerne auch hier wieder einmal begrüßen möchte.

Nessie auf Landgang

Dank des umfassenden und interessanten Programmes, das Cathy Christie vom Highland Council, Employee Training and Development Department, unter Mithilfe von Elaine Barrie, Personnel Services, zusammengestellt hatte, kam nie Langeweile auf. Im Gegenteil, im Laufschritt hasteten drei Augsburger am Freitag Nachmittag zum Bus in Richtung Loch Ness, um wenigstens noch eine Touristenattraktion der Region zu sehen, bevor es am Samstag Morgen wieder nach Hause gehen sollte.
Nessie bekamen die drei Schwaben jedoch nicht zu sehen, der Gutinformierte ahnt es schon, Nessie steckte nach einer Auslandstournee an irgendeinem Flughafen fest, da hatte ihm ein Vulkan in Island doch glatt den Heimflug mit Flugasche verregnet. Das bedeutete auch für die drei Augsburger, dass es nichts mit dem Heimflug am Samstag wurde. So machte man aus der Not eine Tugend und holte Samstag und Sonntag per Mietwagen die verpasste Sightseeing-Tour nach, da frühestens für Dienstag ein Flug zu bekommen war.
Am Dienstag konnte aber immer noch nicht geflogen werden und die Nachrichtenlage und Flugsituation in Großbritannien ließen vermuten, dass man wohl vor Freitag oder Samstag nicht wegkommen würde. So organisierte man die Rückreise auf dem Landweg. Am Dienstag ging es per Leihwagen von Inverness bis Ashford, nach Dover war kein Leihwagen mehr aufzutreiben. Übernachtet wurde bescheiden, drei Männer in einem „großen“ Einzelzimmer (was anderes war nicht mehr zu bekommen). Am Mittwoch per Taxi bis Dover, Bezahlung in einem Mix aus Pfund und Euro, da die britische Währung ausging, dann weiter mit der Fähre nach Calais. Welch Glück man hatte, von der Insel herunterzukommen und nicht umgekehrt, sah man in Frankreich. Dort standen immer noch endlose Schlangen von Briten, die endlich heim wollten. Unter den unzähligen Mietwägen, die im Hafen von Calais standen, war sogar ein deutscher zu finden, so dass der letzten Etappe bis Augsburg nichts mehr im Weg stand.